Handlungsprogramm 2029 – Handwerk Erfolgreich im WandelHandwerksstandort Hamburg
Die wichtigsten Grundsatzpositionen, Service-Schwerpunkte und Organisationsentwicklungs-Vorhaben:
Bürokratieabbau
Bürokratiemonster bekämpfen, neue Vertrauenskultur schaffen, Bürokratielasten kumuliert betrachten, Prozesse vereinfachen, einfache Lösungen für Nachhaltigkeitsreporting finden, Informationspflichten umkehren, Archivierungspflichten vereinfachen.
Ausgangslage
Perspektiven
Handlungsbedarf für die Handwerkskammer
Neue Vertrauenskultur schaffen: Die inzwischen überbordenden Dokumentationspflichten zielen darauf ab, problematische Geschäftsmethoden einzudämmen. Tatsächlich haben Unternehmen ein großes Eigeninteresse daran, sich rechtskonform zu verhalten. Gerade das Handwerk lebt von seiner Seriosität und seinem Qualitätsversprechen. Das Fehlverhalten weniger Regelbrecher darf nicht dazu führen, dass allen Betrieben von vornherein mit Misstrauen begegnet wird. Die Gesetzgebung braucht eine neue Vertrauenskultur – damit das Handwerk sich auf seine gesellschaftlich wichtigen Kernaufgaben konzentrieren kann, statt sich mit Bürokratie zu befassen.
Bürokratielasten kumuliert betrachten: Dazu muss auch der Bund viel effektiver als bisher beitragen. Die vom Bundeswirtschaftsministerium 2023 gestarteten „Praxis-Checks“ sind ein Anfang, arbeiten aber vor allem am Symptom. Zusätzlich muss die Bundesgesetzgebung sich bei der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung neuer Bürokratielasten einen weiterentwickelten Standard geben: Es reicht nicht, für jeden Regulierungsgegenstand einzeln zu prüfen, ob es auch einfacher ginge – die Legislative muss bei jeder neuen Regulierung die bürokratische Gesamtbelastung des Mittelstands prüfen. Sonst fördert die Politik letztlich das amerikanische Wirt-schaftsmodell: Eine Volkswirtschaft, in der aus Skalengründen vor allem große Unternehmen legal und erfolgreich wirtschaften können.
Prozesse vereinfachen: Grundsätzlich muss ein Betrieb jeden Antrag auch digital stellen können. Wiederkehrende Anträge sollten in Anlehnung an die Möglichkeiten von ELSTER durch Rückgriff auf vorhandene Daten erleichtert werden. Bereits erhobene und damit vorhandene Daten von Betrieben, wie etwa Angaben für das Statistische Landesamt, sollten von den Behörden untereinander im Rahmen eines Informationsaustausches bezogen werden. Bereits bestehende Kundenkonten bei verschiedenen Behörden sollen auf ein Unternehmenskonto zusammengeführt werden. Hamburg muss ferner in Abstimmung mit den Nachbar-Bundesländern Verwaltungsvereinfachungen voranbringen, um spürbare Erleichterungen innerhalb der Metropolregion zu erreichen – unterschiedliche Vorgaben und Verwaltungspraktiken machen es den Betrieben im eng vernetzen Wirtschaftsraum der Metropolregion unnötig schwer. Schließlich: In Fällen behördlich festgestellter Zielkonflikte von Verpflichtungen/Auflagen, wenn also zum Beispiel der Einbau einer Wärmepumpe mit dem Denkmalschutz oder der Einbau einer Photovoltaik-Anlage im Gebiet mit einer Erhaltungsverordnung kollidiert, muss behördenintern ein klarer Lösungsweg moderiert werden.
Einfache Lösungen für Nachhaltigkeitsreporting finden: Die Legitimation und Verpflichtung nichtstaatlicher Stellen, im Rahmen von Sustainable Finance und Lieferkettensorgpfaltspflichten-Gesetzgebung Daten von Kunden zu sammeln und bei Bedarf nachzuweisen, schafft gigantische bürokratische Lasten. Dies wird dadurch noch verschärft, dass bereits jetzt große Marktteilnehmer ihren kleinen und mittleren Partnerbetrieben bisweilen ein Screening durch bestimmte (und im Einzelfall unterschiedliche) Dienstleister vorschreiben. Es muss letztlich eine Akzeptanzverpflichtung bei Behörden, öffentlich ausschreibenden Stellen, öffentlichen Unternehmen und Banken für niedrigschwellige, standardisierte Berichtsformate geben.
Informationspflichten umkehren: Vielfach ist es ein falscher Weg, Betrieben die Sammlung von Informationen aufzubürden. Krankenkassen etwa sollten Arbeitgeber informieren, wie lange ein Beschäftigter krankgeschrieben wurde. Sofern der Beschäftigte früher in den Arbeitsprozess eintritt, kann unbürokratisch eine Richtigstellung erfolgen, um der Lohnbuchhaltung korrekte Angaben liefern zu können. Durch einen verbesserten Informationsfluss entstünden sowohl Betrieben als auch Beschäftigten weniger Aufwand und Unsicherheiten.
Archivierungspflichten vereinfachen: Die Bonpflicht (Bundesgesetz für Steuergerechtigkeit) hat sich nicht bewährt. Sie sollte abgeschafft und die Archivierungspflicht vereinfacht werden – nicht nur verkürzt, wie zuletzt ohne echten Entlastungseffekt geschehen. Auch muss der Betrieb in Zukunft die Wahl zwischen einer digitalen oder haptischen Aufbewahrung haben. Die inzwischen erheblichen Ordnungswidrigkeitenstrafen bei Verstößen erzeugen für Betriebe unangemessene Risiken. Auch die Umsetzung des Geldwäschegesetzes (GwG) schafft für die Betriebe vielfach unverhältnismäßige Belastungen. Schwellenwerte, ab denen Erläuterungen geschrieben werden müssen, sollten mit Blick auf die realen Verhältnisse im inhabergeführten Mittelstand angehoben werden.
Masterplan-Maßnahmen umsetzen: Auf Hamburger Ebene sind die im Masterplan Handwerk 2030 definierten Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungspraxis unverzüglich umzusetzen. Auf Landesebene muss die Politik viel stärker in die Verwaltungspraxis schauen und hier kurzfristig substanzielle Fortschritte erreichen.
Flächen
Bezahlbare Standorte schaffen, Gewerbeflächen schützen – mit Weitblick, neue Handwerkerhöfe möglich machen, Handwerk in gemischt genutzten Quartieren erhalten, Handwerk frühzeitig einbeziehen.
Ausgangslage
Perspektiven
Handlungsbedarf für die Handwerkskammer
Gewerbeflächen schützen – mit Weitblick: Zugleich ist mehr denn je transparent, wie weitgehend erschöpft das Reservoir bisher ausgewiesener Flächen mit Handwerkseignung (vor allem Gewerbegebiete) ist. Bezirke und Senat müssen die Flächenentwicklung für die Wirtschaft weiterdenken. Das bedeutet auch, dass es zumindest keine einseitige Konzentration auf den Wohnungsbau geben kann. Die verschiedenen Funktionen der Stadt müssen bei der Verdichtung im Zusammenhang gedacht werden. Das bedeutet auch, dass im Zuge des grundsätzlich richtigen Schutzes verbliebener Gewerbeflächen der Einzelfall betrachtet werden muss. Kompensationsflächen für wegfallende Gewerbeflächen etwa im Wege der Schaffung von Gewerbehöfen (gestapeltes Handwerk) sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich ein geeigneter Weg. Es gibt allerdings zwei Hürden: Zum einen müssen diese Flächen für Betriebe bezahlbar sein, wenn es nicht durch gut gemeinte Maßnahmen der Verdichtung faktisch zu einer Verdrängung des Handwerks kommen soll. Zum anderen muss die Stadt Wege finden, Investoren an einmal gemachten Zusagen hinsichtlich des Erhalts von Gewerbeflächen bei einer mischgenutzten Überplanung von Arealen verbindlich festzuhalten – dies hat sich immer wieder als Problemquelle erwiesen.
Neue Handwerkerhöfe möglich machen: 2024 hat der Senat sich eine Strategie zur Entwicklung neuer Gewerbehof-Standorte gegeben. Es ist von zentraler Bedeutung, dass hier den Plänen zeitnah konkrete Taten folgen. Denn im Lichte des bestehenden Verdichtungsdrucks und der anspruchsvollen Ausbauziele im Bereich Wohnen ist klar: Damit Handwerksbetriebe auch in Zukunft ihren Platz in der Stadt haben, brauchen wir mehr „gestapeltes Handwerk“ nach dem Vorbild der „Meistermeile“ am Offakamp. Zudem gilt: Gewerbliche Baugemeinschaften aus dem Handwerk zur gemeinschaftlichen Entwicklung von Handwerkerhöfen sollten durch die Stadt effektiv unterstützt werden. Im Wohnungsbau gibt es eine solche Begleitung bereits heute – auch der inhabergeführte Mittelstand braucht sie. Die Forderungen des Hamburger Handwerks zur Entwicklung von Handwerkerhöfen hat die Vollversammlung im März 2021 im Rahmen des Positionspapiers „Handwerkerhofstrategie 2030 für Hamburg“ verabschiedet. Dieses Handlungsprogramm macht sich das Positionspapier auch über die hier ausdrücklich aufgeführten Forderungen hinaus zu eigen.
Handwerk in gemischt genutzten Quartieren erhalten: Der Bestandsschutz bezeichnet das Recht, eine bauliche Anlage weiterhin nutzen zu dürfen, obwohl sich zwischenzeitlich die baurechtlichen Vorschriften geändert haben. Es schützt den Bestand eines Gebäudes vor Eingriffen, die durch neue gesetzliche Regelungen entstehen könnten oder das nach verändertem Gebietscharakter oder Planrecht nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Vom Bestandsschutz gedeckt sind in gewissem Umfang Unterhaltungs-, Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber wesentliche qualitative und quantitative Änderungen, wie eine Erweiterung des Gebäudes und damit das Wachsen von Unternehmen am Standort. Der Bestandsschutz sollte daher so ausgeweitet bzw. angepasst werden, dass eine zukunftsfähige Weiterentwicklung von Betrieben im Quartier gewährleistet werden kann. Dies gilt insbesondere auch für gemischt genutzte Quartiere, in denen die heranrückende Wohnbebauung immer öfter zum Problem für Handwerksbetriebe wird – egal, ob sie schon lange ihren Betriebssitz am selben Ort haben oder nicht. Der Erhalt von Handwerksstandorten in den Quartieren ist auch im Interesse der Beschäftigten des Handwerks, die dort ein attraktives Umfeld z.B. mit Erholungs- und Kinderbetreuungsangeboten vorfinden.
Handwerk frühzeitig einbeziehen: Die Handwerkskammer sollte verbindlich die Möglichkeit erhalten, bei städtebaulichen Projekten die spezifischen Belange des Handwerks im ausreichenden Maße im Vorfeld von Planungen geltend zu machen. Dafür muss sie frühzeitig in die Planung einbezogen werden.
Verkehr
Handwerksinteressen mitdenken, Parkraum erhalten, Handwerker-Parkausweis einführen, Bewohnerparken gesetzlich neu regeln, in leistungsfähige Quartiersgaragen investieren, Elektromobilität fördern, ÖPNV ertüchtigen, Baustellen transparent machen.
Ausgangslage
Perspektiven
Unbestreitbar ist, dass aufgrund der spezifischen Anforderungen des Handwerksverkehrs auch in Zukunft das Kfz ein zentraler Teil der unverzichtbaren Betriebsausstattung sein wird. Betriebe werden zunehmend den Übergang zur Elektromobilität bewältigen. Um in Zukunft der Nachfrage in Sachen Elektromobilität gerecht zu werden, ist es notwendig, die Ladeinfrastruktur flächendeckend auszubauen. Im Sinne der Arbeitsgeberqualität müssen Betriebe sich schließlich damit befassen, wie ihre Beschäftigten eine gute Mobilitätssituation mit Blick auf den Arbeitsweg erreichen.
Handlungsbedarf für die Handwerkskammer
Parkraum erhalten: Was den Abbau innerstädtischer Parkraumkapazitäten angeht, ist für den Wirtschaftsverkehr eine Schmerzgrenze erreicht – weitere Parkplätze dürfen nicht verlorengehen, wenn nicht zentrale Funktionen des Handwerks für die und in der Stadt gefährdet werden sollen. Hinreichende Parkmöglichkeiten für Servicefahrzeuge auch in autoarmen und autofreien Quartieren müssen gewährleistet werden.
Handwerker-Parkausweis einführen: Hamburg braucht einen einheitlichen, digitalen Handwerker-Parkausweis für betriebsnotwendige Fahrzeuge, um Parken planbar, sicher und unbürokratisch zu ermöglichen. Die Ausnahmegenehmigungspraxis muss einstweilen im Sinne des Masterplan Handwerk 2030 sicherstellen, dass wirklich jedes betriebsnotwendige Fahrzeug im Bewohnerparkgebiet unterkommt. Die diversen Ausnahmegenehmigungsverfahren müssen hilfsweise vereinfacht und digital gebündelt werden, um den Erfüllungsaufwand für das Handwerk zu senken. Alle Genehmigungsarten müssen unabhängig von der letztlich zuständigen Behörde einfach über dasselbe Portal abrufbar sein.
Bewohnerparken gesetzlich neu regeln: Parallel sollte sich der Senat auf Bundesebene weiter für eine Sonderlösung im Sinne des Handwerks beim Bewohnerparken einsetzen – im Rahmen einer Neuregelung des „Quartierparkens“ müssen sie Bewohnern faktisch gleichgestellt werden. Bis diese Lösung erreicht ist, müssen im Sinne des Masterplan Handwerk 2030 Ausnahmegenehmigungen für alle betriebsnotwendigen Fahrzeuge erteilt werden. Ebenso muss das derzeit geltende Moratorium für die Ausweisung neuer Bewohnerparkgebiete bis zum Erreichen einer bundesrechtlichen Lösung aufrechterhalten werden. Sonst droht eine Verdrängung von Betrieben aus nutzungsgemischten Quartieren. Das ist nicht nur den oftmals schon lang ortsansässigen Betrieben und ihren Beschäftigten gegenüber unzumutbar – es erzeugt auch Lücken in der notwendigen Nahversorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen und Produkten des Handwerks.
In leistungsfähige Quartiersgaragen investieren: Wenn das städtebauliche Ziel verfolgt wird, den öffentlichen Straßenraum von Kraftfahrzeugen zu entlasten, muss die Verkehrspolitik perspektivisch insbesondere in der inneren Stadt und den Gründerzeitquartieren sowie entlang der Hauptverkehrsstraßen leistungsfähige Quartiersgaragen schaffen. Diese sollten als moderne Mobility Hubs geplant werden, in denen im Erdgeschoss Handwerksbetriebe (z.B. Zweiradmechaniker- und Kfz-Handwerk) Platz finden können, und die Möglichkeiten für moderne Mobilitätsformen bieten.
Elektromobilität fördern: Es sollten Anreize zur Nutzung elektrisch betriebener Werkstattfahrzeuge geschaffen werden, um den Umstieg des Handwerks auf Elektromobilität zu incentivieren und zu vereinfachen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur, Parkprivilegien und vergleichbare Maßnahmen sind dabei in den Blick zu nehmen. Gleichermaßen ist an eine Förderung von E-Bikes für den betrieblichen und beruflichen Einsatz zu denken.
ÖPNV ertüchtigen: Hamburg braucht weitere Investitionen in den ÖPNV, damit im Lichte zahlreicher Maßnahmen, die Einpendeln und Mobilität in der Stadt mit dem Kfz erschweren, dennoch ein Ankommen am Arbeitsort mit sinnvollem Zeitaufwand gewährleistet ist. Beschäftigte des Handwerks und ihre Familien können sich häufig keine hinreichend große Wohnung in einem der exzellent angebundenen urbanen Stadtteile Hamburgs leisten. Sie sind auf gute Lösungen für ihren nicht selten längeren Arbeitsweg angewiesen. Die ÖPNV-Entwicklung muss gerade diese Interessenlage in den Blick nehmen. Ferner ist eine noch engere Abstimmung mit den Umlandkreisen und den umgebenden Bundesländern erforderlich, damit die jeweiligen Maßnahmen optimal ineinandergreifen.
Baustellen transparent machen: Laut führenden Verkehrsuntersuchungen liegt Hamburg fest im Spitzenfeld der deutschen Stau-Metropolen. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind unerlässlich und auch für die Wirtschaft wichtig. Zugleich gilt: Das Handwerk ist im Sinne seiner Mitarbeiter wie auch seiner Kunden auf fließenden Verkehr angewiesen. Daher muss erreicht werden, dass notwendige Baustellen von Bezirken, Fachbehörden und insbesondere Dritten (Leitungsträger, Deutsche Bahn, städtische Betriebe) besser koordiniert werden. Um dies zu gewährleisten, sollten alle Baustellen frühzeitig in einem zentralen Portal veröffentlicht werden, das auf mobilen Endgeräten einfach eingesehen werden kann. Zudem müssen die Informationen stetig aktualisiert sowie privaten Dienstleistern und Anbietern von Navigationssystemen zur Verfügung gestellt werden.
(Die Forderungen des Hamburger Handwerks zur Verkehrspolitik hat die Vollversammlung im September 2023 im Rahmen des Positionspapiers „Mobilitätsstrategie für das Hamburger Handwerk“ verabschiedet. Dieses Handlungsprogramm macht sich das Positionspapier auch über die hier ausdrücklich aufgeführten Forderungen hinaus zu eigen.)
Konjunkturmotor Bau
Öffentliche Investitionen aufrechterhalten, Genehmigungsverfahren beschleunigen, Bauvorschriften flexibilisieren, Vergabepraxis optimieren, Handwerk bei der Digitalisierung einbeziehen, Baubetriebe unterstützen.
Ausgangslage
Das Jahr 2024 wird im Bauhauptgewerbe insgesamt von einem realen Umsatzrückgang geprägt sein. Besonders betroffen ist der Wohnungsbau. Dies ist vor allem auf hohe Baukosten, Materialknappheit und gestiegene Finanzierungskosten infolge der Zinswende zurückzuführen. Im Bauhauptgewerbe Hamburgs zeigt sich im Jahr 2024 eine gemischte Entwicklung. Konnte zu Beginn des Jahres 2024 auch in Hamburg in allen Segmenten des Baubereichs eine leichte Erholung gegenüber den Vorjahreswerten festgestellt werden, so verbleiben die Zahlen doch auf niedrigem Niveau. Die Entwicklung in Hamburg ist somit ein Spiegelbild der allgemeinen Trends im Bauhauptgewerbe in Deutschland.
Bereits ab 2019 war in Hamburg ein Rückgang bei Wohnungsneubau zu verzeichnen. In der Branche wird dies nicht zuletzt mit der 2021 getroffenen Entscheidung des Hamburger Senats in Zusammenhang gebracht, die Vergabe städtischer Grundstücke auf Erbpacht zu reduzieren. Ferner waren die meisten unkompliziert zu bebauenden Flächen aus dem begrenzten städtischen Flächenangebot bereits in den 2010er-Jahren vergeben worden. Was bleibt, ist komplexer und bietet insofern geringere Nutzungsanreize für den Markt. Ferner haben in den Jahren vor der Zinswende teils Investoren Flächen erworben, die aufgrund des Preisgefüges letztlich nur eine Entwicklung als Eigentumswohnungen ermöglichen. In Zeiten höherer Finanzierungshürden für Neubauprojekte wird beklagt, dass Finanzierungen vermehrt von vergleichsweise hohen Vorverkaufsquoten abhängig gemacht werden, die derzeit am Markt nicht erzielbar seien. Für das Handwerk sind diese Entwicklungen sowohl mit Blick auf den Neubaumarkt selbst als auch auf die Versorgung der Beschäftigten mit bezahlbarem Wohnraum problematisch.
Dies verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen das Ausbaugewerbe steht, insbesondere durch steigende Baukosten und eine auf Sicht unsichere Marktlage. Die Entwicklungen in Hamburg spiegeln weitgehend die nationalen Trends wider. In beiden Fällen zeigt sich eine gewisse Resilienz in der Beschäftigung trotz wirtschaftlicher Herausforderungen. Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass in den Ausbaugewerken eine gewisse Kompensation ausfallender Umsätze im verhaltenen Neubaugeschäft durch Sanierungsarbeiten im Gebäudebestand (auch Umsetzung von umweltbezogenen Zielen) erreicht werden kann. Sofern aber die Neubaunachfrage in nächster Zeit nicht deutlich anzieht, darf bezweifelt werden, das dies ausreicht, um die derzeit immer noch hohe Beschäftigung in der Branche weiterhin aufrecht zu erhalten.
Perspektiven
Handlungsbedarf für die Handwerkskammer
Genehmigungsverfahren beschleunigen: Baugenehmigungen, aber auch vor- und nachgelagerte Genehmigungsverfahren etwa im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung oder dem Baustellenverkehr, müssen künftig schneller erteilt werden, damit mehr Planungssicherheit entsteht und gesamtstädtisch dringend benötigte Bauvorhaben schneller umgesetzt werden können. Die Aufgabenpriorisierung innerhalb der Verwaltung verdient insofern besonderes und nötigenfalls auch kritisches Augenmerk.
Bauvorschriften flexibilisieren: Im Einklang mit anderen Bundesländern arbeitet der Hamburger Senat gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft an Möglichkeiten für eine Vereinfachung Flexibilisierung von Bauvorschriften, um kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen. Dieser Ansatz verdient Zustimmung und ist konsequent weiterzuverfolgen. Entscheidend ist, diesem neuen Hamburger Standard einen rechtssicheren Rahmen zu geben, so dass dieser insbesondere von den ausschreibenden Stellen dann auch konsequent angewendet wird.
Vergabepraxis optimieren: Eine Vereinfachung des Vergabewesens ist erforderlich, um den Betrieben das Wirtschaften zu erleichtern. Die Digitalisierung der Vergabe sollte flächendeckend und einheitlich umgesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass endlich eine einheitliche Vergabeplattform für alle Akteure des öffentlichen Einkaufs in der Stadt zum Einsatz kommt, um unnötigen Aufwand, Fehlerquellen und unproduktive Komplexität abzubauen. Entwicklungsbedarf gibt es auch in der Verwaltungspraxis, wenn beispielsweise die rechtlich bestehenden Möglichkeiten für freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen nicht ausgeschöpft werden. Der Grundsatz der Fach- und Teillosvergabe ist beizubehalten.
Handwerk bei der Digitalisierung einbeziehen: Vielfach wird der „digitale Zwilling“ eines Bauwerks als Ziel formuliert, um den Planungs- und Realisierungs-, vor allem aber den Bewirtschaftungsprozess zu vereinfachen. Bei der Einführung dieser Technologie muss das Handwerk frühzeitig beteiligt werden, auch um die von den Handwerksbetrieben verbauten Produkte und Materialien im Gebäudemodell zu dokumentieren.
Baubetriebe unterstützen: Öffentliche Hand und öffentliche Unternehmen sind angehalten, durch zeitnahe Zahlungen bei eigenen Bauprojekten zur guten Liquidität der Betriebe beizutragen. Zudem ist es auch in den nächsten Jahren wichtig, die Bedingungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erleichtern und laufend den Marktanforderungen anzupassen. Das ist gerade deshalb so bedeutend, weil Fach- und Arbeitskräfte, die dem Bauhandwerk einmal verlorengehen, kaum wiedergewonnen werden können. Zugleich sollten öffentliche Unternehmen vom Aufbau eigener Handwerker-Einheiten absehen und auf die bewährte Partnerschaft mit den Hamburger Gewerken setzen.
Metropolregion Hamburg
Auf Wirtschaftswachstum setzen, klare Rollenverteilung erhalten.
Ausgangslage
Eine 2019 veröffentlichte OECD-Studie zur Metropolregion Hamburg analysierte die wirtschaftlichen Stärken und Herausforderungen der Region und konstatierte einen negativen Entwicklungstrend im Vergleich zu anderen Metropolregionen. Trotz des allgemeinen Wohlstands identifizierte die Studie wirtschaftliche Ungleichheiten und Disparitäten innerhalb der Region. Zu den empfohlenen Gegenmaßnahmen gehören Initiativen zur Stärkung der ländlichen Gebiete und benachteiligter städtischer Randgebiete, um eine ausgewogenere wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Die Studie hob außerdem die Notwendigkeit hervor, die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern. Empfohlen wurde der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und ein abgestimmter Wohnungsbau in der MRH.
Ferner wurde vorgeschlagen, die Fragmentierung innerhalb der MRH durch verbesserte Kooperation zu überwinden, eine regionale Innovationsstrategie zu verfolgen auch durch die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft. Schließlich sollte die Führungsrolle der Region bei der Stromerzeugung aus regenerativen Energien ausgebaut und genutzt werden.
Perspektiven
Handlungsbedarf für die Handwerkskammer
Klare Rollenverteilung erhalten: In den vergangenen fünf Jahren hat sich in den Gremien der Metropolregion Hamburg immer wieder die Forderung nach einer Kofinanzierung von Maßnahmen durch die Wirtschaft artikuliert. Dieses Rollenverständnis kann grundlegend hin-terfragt werden – tatsächlich wird das staatliche Budget der Metropolregion aus den Länder-haushalten ja zu wesentlichen Teilen bereits aus Unternehmenssteuern gespeist. Der Finan-zierungsbeitrag der Wirtschaft ist somit dem Grunde nach bereits erbracht. Das schließt nicht generell aus, dass im Einzelfall eine Kofinanzierung angezeigt ist – dies steht aber in Abhängig-keit davon, wie konkret und kurzfristig durch die fragliche Maßnahme messbare Vorteile für Betriebe und Beschäftigte realisiert werden.