Bürgerschaftswahl 2025: Forderungen des Handwerks an die Politik
iStockphoto.com | querbeet

Bürgerschaftswahl 2025Wahlprüfsteine des Hamburger Handwerks

Die Handwerkskammer Hamburg bereitet sich auf die Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft im März 2025 vor, indem sie die Anliegen und Forderungen des Hamburger Handwerks an die politischen Parteien heranträgt.

Um Prioritäten zu setzen, wurden unsere Mitglieder im Rahmen einer Online-Umfrage befragt. Als Top-Themen haben diese zurückgemeldet: Bürokratieabbau, Mobilität, Fachkräftemangel, berufliche Bildung und Gewerbeflächen. Ausgehend davon haben wir mehrere Mitgliederworkshops durchgeführt, um in Diskussionen mehr Details, konkrete Problembeschreibungen und Lösungsvorschläge zu sammeln.

Die Wahlprüfsteine erheben nicht den Anspruch einer allumfassenden Darstellung der Handlungsbedarfe im Handwerk – diese wird das Handlungsprogramm 2029 abbilden, das Ende 2024 verabschiedet werden soll. Sie sind vielmehr eine Abbildung besonders wichtiger beispielhafter Themen – quasi ein politischer „Lackmustest“: Denn wir werden die Parteien im Vorfeld der Wahl ganz konkret danach fragen, wie sie mit den handwerkspolitischen Forderungen auf den folgenden Seiten umgehen wollen. Die Antworten der Parteien, die wir bis zum 30. November 2024 einsammeln, werden den Mitgliedern eine Einschätzung ermöglichen, wie weitgehend die einzelnen Parteien die Bedürfnisse des Handwerks im Blick haben. Und mehr noch: Was sie ganz konkret tun wollen (und sei es gegen Widerstände), um dem Handwerk das Arbeiten leichter zu machen.

 

Interessenvertretung

Jörg Ungerer

Geschäftsbereichsleitung Interessenvertretung | Politik

Tel. 040 35905 - 218

joerg.ungerer--at--hwk-hamburg.de





Forderungen des Handwerks

Wahlprüfsteine des Hamburger Handwerks zur Bürgerschaftswahl 2025 - Bürokratieabbau
iStockphoto.com | DNY59

1. Bürokratieabbau

Bürokratie ist für die meisten Handwerkerinnen und Handwerker das Problem Nummer eins. Gerade kleine Betriebe sind überproportional davon betroffen. In vielen Fällen müssen sie identische Anforderungen wie Großunternehmen erfüllen, ohne auch nur annähernd vergleichbare Ressourcen oder Strukturen zu haben. Der Abbau von Bürokratie für das Handwerk ist entscheidend, um die Betriebe von übermäßigem Verwaltungsaufwand zu entlasten, damit sie ihre Ressourcen effizienter einsetzen können – für Kunden, Beschäftigte und Wirtschaftsstandort.

Verwaltungsverfahren müssen einfacher werden – das geht durch Digitalisierung, wenn sie einfach und nutzerfreundlich gemacht ist und von den tatsächlichen Bedürfnissen der Unternehmen ausgeht:

Grundsätzlich sollte ein Betrieb jeden Antrag auch digital stellen können. Wiederkehrende Anträge sollten durch Rückgriff auf vorhandene Daten erleichtert werden. So werden Betriebe davon entlastet, dieselben Daten in verschiedenen Formaten (Dokumentationen und Reportings) immer wieder liefern müssen. Bereits erhobene und damit vorhandene Daten von Betrieben, wie etwa Angaben für das Statistische Landesamt, sollten von den Behörden untereinander im Rahmen eines Informationsaustausches bezogen werden. Bereits bestehende Kundenkonten bei verschiedenen Behörden sollen auf ein Unternehmenskonto zusammengeführt werden.

Hamburg muss ferner in Abstimmung mit den Nachbar-Bundesländern Verwaltungsvereinfachungen voranbringen, um spürbare Erleichterungen innerhalb der Metropolregion zu erreichen – unterschiedliche Vorgaben und Verwaltungspraktiken machen es den Betrieben im eng vernetzen Wirtschaftsraum der Metropolregion unnötig schwer.

Schließlich: In Fällen behördlich festgestellter Zielkonflikte von Verpflichtungen/Auflagen, wenn also zum Beispiel der Einbau einer Wärmepumpe mit dem Denkmalschutz oder der Einbau einer Photovoltaik-Anlage mit einer Erhaltungsverordnung im Gebiet kollidiert, muss behördenintern ein klarer Lösungsweg moderiert werden. Diese „Mediation“ könnte bspw. ein behördenübergreifendes Gespräch unter Einschaltung der Handwerkskammer sein.
Krankenkassen sollten Arbeitgeber informieren, wie lange ein Beschäftigter krankgeschrieben wurde. Sofern der Beschäftigte früher in den Arbeitsprozess eintritt, kann unbürokratisch eine Richtigstellung erfolgen, um der Lohnbuchhaltung korrekte Angaben liefern zu können.
Die Bonpflicht (Bundesgesetz für Steuergerechtigkeit) hat sich nicht bewährt. Sie sollte abgeschafft und die Archivierungspflicht vereinfacht werden – nicht nur verkürzt, wie zuletzt ohne echten Entlastungseffekt geschehen. Auch muss der Betrieb in Zukunft die Wahl zwischen einer digitalen oder haptischen Aufbewahrung haben. Auch die Umsetzung des Geldwäschegesetzes (GwG) schafft für die Betriebe vielfach unverhältnismäßige Belastungen. Schwellenwerte, ab denen Erläuterungen geschrieben werden müssen, sollten mit Blick auf die realen Verhältnisse im inhabergeführten Mittelstand angehoben werden.
Die öffentlichen Auftraggeber in Hamburg brauchen eine verbindliche Vorgabe für die Verwendung einer einheitlichen Vergabeplattform, so dass die Bieter nicht verschiedene Vergabe-Management-Systeme bedienen müssen. Denn dieser Zusatzaufwand kostet Zeit und stiftet keinerlei Nutzen im Sinne des Vergaberechts.
Masterplan Handwerk Mobilitaet und Verkehr
iStockphoto.com

2. Mobilität 

Die Mobilität ist für das Hamburger Handwerk von entscheidender Bedeutung. Eine gut ausgebaute und funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist essenziell, um Materialien und Werkzeuge rechtzeitig zu den Einsatzorten zu transportieren und Kunden zuverlässig zu erreichen. Nur durch effiziente Mobilitätslösungen können unsere Betriebe ihre Leistungen termingerecht und wirtschaftlich erbringen sowie herausragende Projekte wie die Energiewende umsetzen. Bei allen verkehrspolitischen Maßnahmen müssen die Auswirkungen auf den Wirtschaftsverkehr in der Abwägung zentrale Bedeutung haben – wenn der Wirtschaftsverkehr nicht fließt, kostet das Zeit, Geld, Investitionen und letztlich Arbeitsplätze.

Das Bewohnerparken begünstigt nur Anwohner, nicht aber das in den Quartieren ansässige Gewerbe. Betriebe benötigen teilweise zwei Ausnahmegenehmigungen pro Firmenfahrzeug – eines für das Parken beim Kunden wie auch für das Parken am Betriebssitz, wenn dieser in einem Bewohnerparkgebiet liegt. Das Handwerk benötigt in Hamburg daher einen einheitlichen, bürokratiearmen und digitalen Parkausweis für Handwerker, der das Parken sowohl am Betriebssitz als auch beim Kunden beinhaltet. Idealerweise ist dieser Parkausweis auf andere Firmenfahrzeuge übertragbar. Bis zur Umsetzung eines einheitlichen Handwerker-Parkausweises muss die Verwaltung ihren Ermessensspielraum maximal ausschöpfen, damit Handwerksbetriebe ihre Tätigkeiten bei ihren Kundinnen und Kunden sowie am Betriebssitz ausführen können.
Sowohl in verdichteten Wohngebieten als auch in Geschäftsstraßen braucht das Handwerk Platz, um Fahrzeuge während laufender Tätigkeiten beim Kunden abzustellen. Viele Gewerke sind zudem darauf angewiesen, ihr Fahrzeug für ihre Tätigkeit in unmittelbarer Reichweite verfügbar zu haben. Der Umbau bzw. die Umwandlung von Schräg- zu Längsparkplätzen führt zu einem massiven Verlust von Parkplätzen im verdichteten Stadtraum. Bereits bestehende Engpässe werden durch solche Maßnahmen weiter verschärft. Daher darf innerstädtischer Parkraum nicht weiter reduziert werden, wenn nicht zeitgleich konkrete und verlässliche Maßnahmen erfolgen, um Parkraum spezifisch für Akteure des Wirtschaftsverkehrs zu schaffen. Dabei darf die Politik ihren Blick nicht allein auf die Bedürfnisse von Lieferverkehren richten, sondern muss auch die erforderlichen längeren Parkdauern handwerklicher Servicefahrzeuge berücksichtigen. Auch dort, wo der Straßenraum zugunsten von mehr Flächen für den Fahrradverkehr neu aufgeteilt wird, darf der notwendige Parkraum nicht verloren gehen. Zudem werden in allen Geschäftsstraßen ausreichend Flächen für Lieferzonen gebraucht.
Wenn das städtebauliche Ziel verfolgt wird, den öffentlichen Straßenraum von Kraftfahrzeugen zu entlasten, muss die Verkehrspolitik perspektivisch insbesondere in der inneren Stadt und den Gründerzeitquartieren sowie entlang der Hauptverkehrsstraßen leistungsfähige Quartiersgaragen schaffen. Diese sollten als moderne Mobility Hubs geplant werden, in denen im Erdgeschoss Handwerksbetriebe (z.B. Zweiradmechaniker- und Kfz-Handwerk) Platz finden können, und die Möglichkeiten für moderne Mobilitätsformen bieten.
Wer die Mobilitätswende ernst meint, muss Restriktionen für den motorisierten Individualverkehr mindestens zeitgleich mit effektiven Investitionen in einen leistungsfähigen und kundenorientierten ÖPNV begleiten. Dazu muss insbesondere in Hamburg das tangentiale Verkehrsnetz ausgebaut werden, beispielsweise durch Expressbusse entlang der und zwischen den Ringen. Denn: Wenn der Anteil des Kfz-Verkehrs effektiv und nachhaltig gegenüber dem Umweltverbund reduziert werden soll, dann muss der Nahverkehr attraktiver und komfortabler werden. Dazu gehört insbesondere eine spürbare Verkürzung der Taktungen von Bussen, S- und U-Bahnen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerade auch aus den Randgebieten und der Metropolregion die Möglichkeit erhalten, früh und spät die Arbeitsstätten in der Stadt zu erreichen oder zu verlassen.
Bereits 2018 hat der Senat das Ziel ausgegeben, die Baustellenkoordination zu verbessern und darauf zu achten, dass die Baustellenkommunikation auf einen zeitgemäßen Stand gebracht wird. Dieses Ziel ist bisher nicht erreicht. Laut führenden Verkehrsuntersuchungen liegt Hamburg fest im Spitzenfeld der deutschen Stau-Metropolen. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind unerlässlich und auch für die Wirtschaft wichtig. Zugleich gilt: Das Handwerk ist im Sinne seiner Mitarbeiter wie auch seiner Kunden auf fließenden Verkehr angewiesen. Daher muss erreicht werden, dass notwendige Baustellen von Bezirken, Fachbehörden und insbesondere Dritten (Leistungsträger, Deutsche Bahn, städtische Betriebe) besser koordiniert werden. Um dies zu gewährleisten, sollten alle Baustellen frühzeitig in einem zentralen Portal veröffentlicht werden, das auf mobilen Endgeräten einfach eingesehen werden kann. Zudem müssen die Informationen stetig aktualisiert sowie privaten Dienstleistern und Anbietern von Navigationssystemen zur Verfügung gestellt werden.

Masterplan Handwerk - Talente, Qualifizierung und Fachkräfte
iStockphoto.com | nimis69

3. Berufliche Bildung und Fachkräfte

Unter dem Einfluss des demografischen Wandels in Kombination mit einem erhöhten Fachkräftebedarf z.B. im Klimahandwerk nutzt das Hamburger Handwerk laufend neue Wege der Gewinnung und Entwicklung von Arbeits- und Fachkräften. Dementsprechend setzt auch die Handwerkskammer sich gemeinsam mit anderen Organisationen des Handwerks, mit Betrieben und Beschäftigten in vielfältiger Weise für den Fachkräftezugang der Branche ein. Wichtige Aspekte sind hierbei etwa die Integration von Fachkräften aus dem Ausland in Arbeit und Ausbildung sowie die Sichtbarmachung handwerklicher Inhalte in der schulischen Bildung. In diesen und weiteren Handlungsfeldern werden konkrete Lösungsbeiträge der Politik dringender denn je gebraucht. Beispielhaft seien mit Blick auf die kommende Legislaturperiode vor allem folgende Punkte genannt:

Ausbildung und Studium sind zwei gleichwertige Möglichkeiten, in das Berufsleben einzusteigen. Nachdem der akademische Weg lange Zeit von Gesellschaft und Politik priorisiert worden ist, wächst in den letzten Jahren das Bewusstsein hinsichtlich der Relevanz der dualen Berufsausbildung. Dennoch werden beide Wege noch nicht gleichwertig gefördert. Das muss sich ändern – etwa im Bereich einer Ausbildungsförderung analog zur Studienstarthilfe und bei der Höhe jeweils verfügbarer BAföG-Förderungen.
Ein besonderer Fall der Ungleichbehandlung von akademischer und beruflicher Ausbildung liegt bisher bei der Unterbringung vor: In Hamburg gibt es derzeit für insgesamt weniger als 3 % der 28.000 Auszubildenden einen Platz in einem Azubi-Wohnheim. Im Vergleich dazu liegt die Versorgungsquote für Studierende mit 5.504 Wohnheimplätzen bei immerhin 7,8 %. Der Senat hat sich in seinem 2020 geschlossenen Koalitionsvertrag vorgenommen, dass bis 2030 insgesamt 2.500 neue Wohnheimplätze für Auszubildende und Fachschüler entstehen sollen. Bisher wurde davon etwa ein Fünftel tatsächlich gebaut bzw. befindet sich in konkreter Planung. Bereits jetzt verringert sich aber die Zahl zugezogener Auszubildender in Hamburg. Dies hat mehrere Ursachen – allerdings ist ein hinreichendes günstiges Wohnraumangebot ein wichtiger Faktor für die Attraktivität der Ausbildungsmetropole Hamburg.

Das Handwerk fordert die Hamburger Politik daher auf, die Geschwindigkeit bei der Umsetzung der bereits bestehenden Ausbaupläne für Azubi-Wohnheime zu erhöhen und auch darüber hinaus zu denken – damit Ausbildung in Hamburg dauerhaft einen Platz findet. Dabei muss auch den besonderen Belangen der Auszubildenden in handwerklichen „Splitterberufen“ Rechnung getragen werden, deren Beschulung länderübergreifend als Blockunterricht stattfindet. Zudem fordert das Handwerk eine verpflichtende Azubi-Wohnen-Quote beim Neubau von sozialem Wohnraum sowie die Möglichkeit, dass Betriebe für ihre Auszubildenden Wohnraum in Gewerbegebieten anbieten dürfen.
Die allgemeinbildende Schule hat den Auftrag, die Entfaltung der Person und die Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen so zu fördern, dass Schülerinnen und Schüler am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilhaben können. Ein wichtiges Element dabei ist das praktische Ausprobieren, das Arbeiten mit den Händen und das Erlebnis, selbst etwas konzipiert und geschaffen zu haben. Werkstätten und Küchen, in denen konkrete praktische Erfahrungen gesammelt werden können, gehören daher im Verbund mit geeigneten Lernangeboten aus unserer Sicht dringend in alle allgemeinbildenden Schulen.
Immer mehr Jugendliche starten mit Defiziten und persönlichen Problemen in eine Ausbildung. Dies muss nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Berufsschule aufgefangen werden. Hierzu sollen Berufsschullehrkräfte gezielt geschult werden, um auch schwierigen Schülern und Schülerinnen eine gute Begleitung durch die Ausbildung zu gewährleisten und Ausbildungsabbrüche zu verhindern.
Nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei Lehrkräften ist eine zunehmende Handwerksferne festzustellen. Gleichzeitig soll die berufliche Orientierung in den weiterführenden Schulen fächerübergreifend als Querschnittsthema behandelt werden. Lehrkräfte sollten in die Lage versetzt werden, Unterrichtstheorie mit realen, modernen Praxisbeispielen zu bereichern.

Um Lehrkräfte mit aktuellen Handwerksberufen und -tätigkeiten in Berührung zu bringen, sollten von den abzuleistenden Weiterbildungsstunden daher mindestens vier Stunden im Handwerk abgeleistet werden – um dies zu realisieren, sollte die Stadt konkrete Anreize schaffen.
Seit Januar 2019 erhalten Absolventinnen und Absolventen der Meisterprüfung sowie vergleichbarer Aufstiegsfortbildungen in Hamburg eine Prämie von 1.000 Euro. Die Einführung dieser Meisterprämie war ein guter und notwendiger Schritt – sie setzt Anreize für Fortbildung, senkt finanzielle Hürden und rückt die Meisterausbildung ein Stück näher heran an die weitgehend staatliche Finanzierung der akademischen Ausbildung. Zwölf Bundesländer bieten inzwischen eine solche Prämie an, mit Berlin werden es in Kürze 13 sein. Die Prämie variiert dabei zwischen 1.000 Euro als niedrigstem und demnächst 5.000 Euro (Berlin) als höchstem Wert. Hamburg strebt eine höhere Weiterbildungsbeteiligung in kleinen und mittleren Unternehmen an, gleichzeitig suchen viele Betriebsinhaber im Handwerk derzeit eine qualifizierte Nachfolge. Eine zeitgemäße Meisterprämie, orientiert insbesondere an den anderen Stadtstaaten, trägt zur Erhöhung der Attraktivität des Aus- und Weiterbildungsstandorts Hamburg bei.

Das Handwerk fordert die Hamburger Politik auf, die Meisterprämie auf 4.000 Euro anzuheben, um in der Fachkräftekonkurrenz mit anderen Bundesländern jungen Leistungsträgern im Handwerk, die inzwischen bundesweit gesucht werden, passende Anreize zu bieten.
Im Jahr 2020 hat Sachsen-Anhalt eine Praktikumsprämie für Schülerferienpraktika im Handwerk eingeführt. Ausgezahlt wird sie an Schülerinnen und Schüler, die ein Praktikum in einem Handwerksbetrieb machen. Die Prämie beträgt 120 Euro pro Woche und kann maximal für vier Wochen pro Jahr in Anspruch genommen werden. Finanziert wird sie hauptsächlich vom Wirtschaftsministerium des Landes Sachsen-Anhalt. Die beteiligten Kammern verzeichnen für die Jahre 2020 bis 2022 jeweils eine Übergangsquote der Praktikanten in Ausbildung von etwa 30 %. Das ist ein starker Wert. Thüringen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben bereits nachgezogen und die Praktikumsprämie in 2024 eingeführt.

Das Handwerk fordert die Hamburger Politik auf, nach dem Vorbild anderer Bundesländer eine Hamburger Praktikumsprämie für Schülerferienpraktika im Handwerk einzuführen.
Das Handwerk braucht mehr Frauen – ob als Unternehmerinnen, Meisterinnen, Gesellinnen oder Auszubildende. Ziel des Hamburger Handwerks ist es, noch mehr junge Frauen zu einer Karriere in vielen zukunftsorientierten Berufen im Handwerk zu ermutigen. Damit dies gelingt, müssen auch die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf stimmen. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen dürfen nicht auf den Kreis der Beschäftigten begrenzt bleiben, sondern müssen im Bereich des inhabergeführten Handwerks auch Selbständige einschließen. So braucht es etwa eine funktionierende und durchdachte Absicherung während der Schwangerschaft, in der Elternzeit und in der folgenden Familienphase eine verlässliche Betreuungssituation.
Hamburg steht mit der erforderlichen Integration Geflüchteter in Ausbildung und Arbeit vor einer großen Aufgabe sowohl in sozialpolitischer als auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht. Gleiches gilt für die Schaffung von Arbeitsmarktzugängen für Menschen aus dem Ausland, die fluchtunabhängig den Weg in unsere Stadt finden. Damit dieses Gemeinschaftswerk gelingt, müssen alle bestehenden Verfahren und Förderstrukturen kritisch betrachtet und so weit wie irgend möglich vereinfacht werden. Dies betrifft neben der Flexibilisierung und Entbürokratisierung bestehender gesetzlicher Regelungen die Steigerung der Kundenorientierung und Geschwindigkeit von Ausländerbehörden und Arbeitsverwaltung sowie die Sicherstellung zielführender Sprachlernangebote.
Masterplan Handwerk - Flächen für Handwerksbetriebe
iStockphoto.com | Drazen

4. Flächen für das Handwerk

Ausreichende und bezahlbare Flächen sind für das Hamburger Handwerk von zentraler Bedeutung. Handwerksbetriebe benötigen geeignete Flächen für Werkstätten, Lager und Büros, um ihre Dienstleistungen effektiv erbringen zu können. Nur durch die langfristige Sicherung und Bereitstellung solcher Flächen können Betriebe wachsen, innovative Lösungen entwickeln und zur wirtschaftlichen Stärke Hamburgs beitragen.

Steigende Boden- und Baukosten sowie die Flächenkonkurrenzen in einem Stadtstaat wie Hamburg schlagen sich auf die Preise für die Miete oder den Erwerb von Gewerbeflächen nieder. Es muss daher ein ausreichendes städtisches Angebot bezahlbarer, handwerksgeeigneter Gewerbe- bzw. Wirtschaftsförderungsflächen zur Verfügung gestellt und dieses Angebot auf geeignete Art und Weise transparent gemacht werden. Um dem steigenden Verdrängungsdruck zulasten des Handwerks entgegenzuwirken, müssen vorhandene konzentrierte Handwerksstandorte gerade auch an den Magistralen geschützt und im Zuge der Magistralenstrategie neue Standorte für das Handwerk identifiziert und geschaffen werden.
2024 hat der Senat sich eine Strategie zur Entwicklung neuer Gewerbehof-Standorte gegeben. Es ist von zentraler Bedeutung, dass hier den Plänen zeitnah konkrete Taten folgen. Denn im Lichte des bestehenden Verdichtungsdrucks und der anspruchsvollen Ausbauziele im Bereich Wohnen ist klar: Damit Handwerksbetriebe auch in Zukunft ihren Platz in der Stadt haben, brauchen wir mehr „gestapeltes Handwerk“ nach dem Vorbild der „Meistermeile“ am Offakamp. Zudem gilt: Gewerbliche Baugemeinschaften aus dem Handwerk zur gemeinschaftlichen Entwicklung von Handwerkerhöfen sollten durch die Stadt effektiv unterstützt werden. Im Wohnungsbau gibt es eine solche Begleitung bereits heute – auch der inhabergeführte Mittelstand braucht sie.
Der Bestandsschutz bezeichnet das Recht, eine bauliche Anlage weiterhin nutzen zu dürfen, obwohl sich zwischenzeitlich die baurechtlichen Vorschriften geändert haben. Es schützt den Bestand eines Gebäudes vor Eingriffen, die durch neue gesetzliche Regelungen entstehen könnten oder vor verändertem Gebietscharakter oder Planrecht, nach dem es nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Vom Bestandsschutz gedeckt sind in gewissem Umfang Unterhaltungs-, Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber wesentliche qualitative und quantitative Änderungen, wie eine Erweiterung des Gebäudes und damit das Wachsen von Unternehmen am Standort. Der Bestandsschutz sollte daher so ausgeweitet bzw. angepasst werden, dass eine zukunftsfähige Weiterentwicklung von Betrieben im Quartier gewährleistet werden kann. Dies gilt insbesondere auch für gemischt genutzte Quartiere, in denen die heranrückende Wohnbebauung immer öfter zum Problem für Handwerksbetriebe wird - egal, ob sie schon lange ihren Betriebssitz am selben Ort haben oder nicht.
Das Handwerk spielt eine entscheidende Rolle für die lokale Wirtschaft und das soziale Gefüge eines Quartiers. Seine Präsenz vor Ort sichert nicht nur die schnelle und flexible Versorgung der Bevölkerung mit handwerklichen Dienstleistungen, sondern trägt auch zur Belebung und Stärkung der Nachbarschaft bei. Günstiger Wohnraum in unmittelbarer Nähe zu ihren Arbeitsstätten ermöglicht es Handwerkerinnen und Handwerkern, ihre beruflichen und privaten Lebensbereiche besser zu verbinden. Gleichzeitig wird der Verkehr reduziert, da lange Pendelwege entfallen. Dies kommt nicht nur dem Handwerk zugute, sondern auch der gesamten Stadtgesellschaft, indem es die soziale Durchmischung fördert und eine nachhaltige Stadtentwicklung unterstützt.
Die Handwerkskammer sollte künftig systematisch die Möglichkeit erhalten, die spezifischen Belange des Handwerks im ausreichenden Maße im Vorfeld von Planungen geltend zu machen. Dafür muss sie frühzeitig in die Planungsphase einbezogen werden.
 

Masterplan Handwerk 2030
iStockphoto.com | extreme-photographer.com

5. Handwerk effektiv fördern

Im Jahr 2011 wurde erstmalig der „Masterplan Handwerk“ als Vereinbarung zwischen Senat und Handwerk geschlossen. Er legt gemeinsame Ziele und Maßnahmen fest, um die Standortbedingungen für das Handwerk besser zu machen. Mit dem Masterplan Handwerk 2030 wurde 2022 erneut die gemeinsame Strategie bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts festgelegt. Dieses Instrument der engen Zusammenarbeit zwischen Senat und Hamburger Handwerk sollte auch in der Zukunft fortgeführt werden.

Mit „Hamburg Digital“ und dem „Mittelstand Digital Zentrum Hamburg“ besteht eine Förderkulisse, die es auch Handwerksbetrieben ermöglicht, die digitale Transformation bewältigen zu können. Von der kostenfreien Einzelberatung über Workshops und Informationsveranstaltungen bis zu Investitionszuschüssen wird Handwerksbetrieben eine gute Bandbreite an Unterstützungen geboten, zukunftsfit zu werden und zu bleiben. Diese Unterstützung für das Handwerk im digitalen Umwandlungsprozess sollte fortgeführt werden und eine Förderung der Fortbildung für Mitarbeitende im Handwerk einschließen, damit auf dem Weg der Digitalisierung die Belegschaften optimal mitgenommen werden.
Ein gesundes Handwerk gehört zum Rückgrat der städtischen Wirtschaft. Um diesen Wert zu sichern, müssen klare und faire Rahmenbedingungen bestehen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks erhalten und fördern. Die öffentlichen Unternehmen Hamburgs haben im Handwerk einen starken Umsetzungspartner. Diese Partnerschaft darf nicht dadurch geschwächt werden, dass Regiebetriebe handwerkliche Wertschöpfungsstufen in den eigenen Unternehmensaufbau integrieren. Zugleich ist es bei allen Geschäftsbeziehungen zwischen Handwerk und städtischen Partnern wichtig, dass die Beschäftigten des Handwerks bei der Arbeit an städtischen Projekten und in städtischen Objekten optimale Arbeitsbedingungen erleben.